Hänsel & Gretel in Stuttgart: Alevtina Ioffe setzt die Musik vielschichtig in Szene
«Genug Gesprächsstoff für einen Familienbesuch in der Oper, der überdies auch noch eines vorbildlich beschert: eine perfekte Begegnung mit der musikalischen Kunstform Oper. Und daran haben das Württembergische Staatsorchester und Dirigentin Alevtina Ioffe hohen Anteil. Die Musikdirektorin am St. Petersburger Mikhailovsky Theater arbeitet die Feinheiten und Schönheiten aus Engelbert Humperdincks Partitur mustergültig, leidenschaftlich heraus und macht den Kunstgriff dieser Musik evident: hochromantisch nach Wagner zu klingen, dessen Motive der Komponist mit sanfter Ironie zitiert und leicht revidiert. Und dabei eine Sprache der Einfachheit zu pflegen, sei es bei den Kinderliedern oder den selbst ersonnenen Melodien. Präzise, leidenschaftliche, transparent im Klang, mit höchster dynamischer Bandbreite (exzellent die sinfonischen Zwischenspiele) setzt das Staatsorchester diesen vielschichtigen Klang in Szene. Und klingt dabei nicht so grell wie sonst oft unter den bekannt problematischen akustischen Verhältnissen in diesem Haus.»
Badische Zeitung, Alexander Dick
«Und was die Russin Alevtina Ioffe alles aus dem Staatsorchester holt, ist schlichtweg sensationell. Bekannterweise wagnert es in Humperdincks Musik beträchtlich – der Komponist nannte sein Werk in Anspielung an Wagners „Parsifal“ ein „Kinderstubenweihfestspiel“. Dessen Einflüsse in ihrer klangsatten Opulenz derart differenziert auszuspielen und dabei dennoch den volksliedhaftnaiven Elementen genügend Raum zu geben, gelingt der zum ersten Mal in Stuttgart engagierten Gastdirigentin vorbildlich.»
Südkurier, Frank Armbruster
«Während die Dirigentin Alevtina Ioffe im Vorspiel die ganze Klangschönheit des Stuttgarter Staatsorchesters aufblühen lässt, völlig frei von jeglichen Härten, führt uns ein Video von Philipp Contag-Lada in den schönen deutschen Wald, der immer unschöner wird.»
Frankfurter Allegemeine Zeitung, Jan Brachmann
«Da das Stuttgarter Staatsorchester unter Alevtina Ioffes Leitung sehr genau, beweglich und in den Streichern wunderbar samtweich spielt, entwickelt die Schönheit der Klänge einen so starken Sog, dass sich der Gegensatz zwischen Tönen und Bildern auflöst. Das Schreckliche entwickelt eine eigene Poesie, und angerissen werden die grossen Fragen des Abends: Was ist gut, was böse?»
Stuttgarter Nachrichten, Susanne Benda
«Behutsam nähert sich Alevtina Ioffe dem Stück, dessen spätromantische Fülle nur in der ersten Szene etwas auf die Textdeutlichkeit drückt. Sie achtet auf Parlando-Leichtigkeit und lässt das große Orchester in feinen Übergängen in den sechs Instrumentalstücken zu rauschhafter Form auflaufen.»
Badisches Tagblatt, Nikolaus Schmidt
«Überhaupt ist es auch musikalisch eine auf allen Ebenen erstklassige Produktion: In der Leitung der russischen Dirigentin Alevtina Ioffe zieht das Staatsorchester die Ohren in den unmittelbar wirkenden unendlich-melodischen Sog, der satt-romantischen Breitwandsound, große Oper, weich federnde Tänzchen und luftig und neckisch begleitete Kinderlieder ohne Brüche miteinander verbindet.»
Reutlinger General-Anzeiger, Verena Grosskreutz
«Unter der einfühlsamen Leitung von Alevtina Ioffe musiziert das Staatsorchester Stuttgart hier mit untrüglichem melodischen Gespür, wobei die Feingliedrigkeit der Leitmotive nicht zu kurz kommt. Die immer rascher werdenden Rhythmen des Vorspiels werden gut getroffen – und man vernimmt auch die kleine Tonfolge, die später die spitzbübische Aussage der Kinder begleitet. Das weitere Thema in der Trompete sticht ebenfalls leuchtkräftig hervor. (…) Insbesondere am Schluss findet das Staatsorchester Stuttgart unter Alevtina Ioffe nochmals zu einer überwältigenden Steigerung. Nachdem Hänsel in übermütiger Weise die von der Hexe gelernte Entzauberungsformel gesungen hat, quillt das Orchester von Motiven, Themen und Melodien nur so über. Die feinen Stimmen der „Lebkuchenkinder“ steigern sich von sanfter Anmut bis hin zu choralartiger Andacht. Der unendlichen Freude wird hier zuletzt stürmischer Ausdruck verliehen. Und auch den „Knusperwalzer“ kann man deutlich vernehmen, mit dem sich Hänsel und Gretel um den Hals fallen. Der „Hexenritt“ erinnert ganz entfernt an Wagners „Walkürenritt“, wobei das Staatsorchester Stuttgart immer durchsichtig musiziert.»
Online Merker, Alexander Walther
«Schon während der ersten Takte der Ouvertüre wurde erkennbar, dass uns mit der Premiere von Humperdincks «Hänsel und Gretel» in Stuttgart ein besonderer Opernabend sowohl szenisch als auch musikalisch bevorstehen würde. Hinreißend weich intonierten die vier Hörner den ersten Choralvers des berühmten „Abendsegens“, nacheinander zart abschattiert von den beiden Fagotten, alsbald grundiert vom dezenten Paukentremolo und kontrapunktiert durch die sensiblen Linien von Erster Flöte und Erster Klarinette. Und so ging es weiter – unter der Leitung von Alevtina Ioffe blühte, wogte und schillerte über alle drei Aufzüge hin das exzellent aufgelegte Staatsorchester Stuttgart in herrlich warmen Farben. Der Dirigentin gelang ein großartiger Zugang in Humperdincks Partitur mit einer perfekt getroffenen Balance aus spätromantischer Klangschwelgerei, frühimpressionistischem Tupfenwerk, markant akzentuierter Rhythmik, liebevoll eingestreuten Kinderlied-Zitaten ohne Kitschanfälligkeit und wagnernaher Dramatik.»
Der Klassikkritier
«Der Erfindungsreichtum und der theatralische Rhythmus des szenischen Teils fanden eine perfekte Entsprechung in einem musikalischen Teil auf höchstem Niveau. Die Orchesterleitung von Alevtina Ioffa, einer jungen Moskauer Musikerin, die kürzlich zur musikalischen Leiterin des Mikhailowsky Theaters in St. Petersburg ernannt wurde, hob alle Details der Partitur perfekt hervor. Ein bemerkenswertes Dirigat für rhythmische Akribie und Kantabilität, Reichtum an instrumentalen Farben und die Fähigkeit, alle stilistischen Einflüsse zu unterstreichen, die Engelbert Humperdinck in diesem Werk von Wagners Orchestersatz entlehnt hat. (…) Das Staatsorchester Stuttgart hat alle Intentionen des Podiums ebenso wunderbar in die Tat umgesetzt wie der von Bernhard Moncado eingespielte Kinderchor, der sich durch Klangqualität und Anschlagspräzision auszeichnet. Die filigranen und transparenten Klänge, die gewissenhafte Arbeit an der Dynamik und der Atem der Phrasierung waren die hervorstechenden Merkmale einer an Sinn der Geschichte und theatralischer Aufladung reichen Interpretation, wunderschön gestaltet von einem Orchester in exzellenter Form.»
Mozart2006