September 8th, 2021

Jérémie Rhorer und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen: Sternstunden mit Diana Damrau beim Musikfest

«Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen sorgte unter Jérémie Rhorer schon gleich zu Beginn für eine Sternstunde: Die «Metamorphosen - Studie für 23 Solostreicher» ist jenes (1944 entstandene) Spätwerk von Richard Strauss, das den Untertitel «Trauer um München» trägt und in seiner Art einmalig ist: Besetzt ist es mit zehn Violinen, fünf Bratschen, fünf Violoncelli und drei Kontrabässen. Wie die Kammerphilharmonie das komplexe, polyfone Klanggewebe entwickelte, wie in diesem Fall mit feinsten dynamischen Abstufungen gearbeitet wurde, wie sich kammermusikalische Passagen mit geradezu rauschhaften Steigerungen abwechselten, das war einfach traumhaft.
Rhorer hielt die Musik in einem stetigen Fluss und traf die melancholische Grundstimmung punktgenau, ohne dabei in Düsternis zu verfallen. Die Streicher zauberten mit grösster Differenzierung einen geradzu schwelgerischen Klang mit innerer Leuchtkraft. So eindrucksvoll hat man die «Metamorphosen» selten gehört.
Mit sechs Orchesterliedern von Richard Strauss ging es weiter. Die Stimme von Diana Damrau fühlt sich bei Strauss offenbar besonders wohl. Ihr ausgesprochen warmes und in allen Lagen unverfärbtes Timbre ist mit perfekter Gesangstechnik gepaart. Und ihre Ausdruckskraft, mit der sie bei jedem Lied den emotionalen Gehalt genau traf, machte ihre Interpretation zum Ereignis. (...) Jubel ohne Grenzen, auch für die subtil begleitende Kammerphilharmonie – zum Dank gab es das Lied «Morgen» op. 27 Nr. 4 als Zugabe.
Die ersten drei Sinfonien von Peter Tschaikowsky tauchten viel seltener in den Konzertprogrammen auf als die letzten drei. Daher ist es zu begrüßen, dass Jérémie Rhorer und die Deutsche Kammerphilharmonie sich für die Sinfonie Nr. 3 D-Dur op. 29 entschieden hatten. Warum die 3. Sinfonie im Schatten der «großen» Sinfonien steht, ist vor allem nicht zu begreifen, wenn man sie in der Interpretation von Rhorer und dem Ensemble hört. Denn Rhorer setzte auf eine teils energisch-dramatische Wiedergabe, teils ruhige Entfaltung der Musik. Damit glückt es den Musikern, die Meriten und die Größe dieser Sinfonie ins rechte Licht zu rücken.»
Kreiszeitung, Wolfgang Denker

«(...) Nicht sonnendurchflutet, sondern in gedeckten Klangfarben, die ein zwischenzeitliches Aufbegehren bis hin zu resignativer Melancholie widerspiegelten, hatten die Streicher der Deutschen Kammerphilharmonie unter der ambitionierten Stabführung des französischen Dirigenten Jérémie Rhorer den Konzertabend eingeleitet. «Metamorphosen, Studie für 23 Solo-Streicher» hat Strauss sein Spätwerk genannt, das mit grossformatigen, komplex changierenden Harmoniegeflechten als In-Memoriam-Lamento an die Zerstörung Münchens während des Zwieten Weltkriegs erinnert. Und als elegischer Trauermarsch startete nach den Liedvorträgen auch der Auftaktsatz von Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Sinfonie Nr. 3.
Umso markanter geriet der eruptive Stimmungswechsel zum Allegro brillante als resolut zupackende, dynamisch pulsierende Orchesteraktion. Rhorer setzte bei dem nicht nur technisch sehr anspruchsvollen Werk auf weitbogige Phrasierung, scharf pointierte Akzentuierungen und vor allem auf starke Kontraste. Tänzerisch wiegendes Metrum und fein getupfte Klangfarben bestimmten den unterhaltsamen «Alla tedesca»-Satz; breite Bläserpassagen wechselten in ballettartig anmutenden Bewegungen mit schluchzenden Streicherfigurationen im Andante-Mittelsatz.
Und während das luftige Scherzo als sorgfältig ausgeführtes, geheimnisvoll anmutendes Flirren daherkam, imponierte das von Rhorer energisch angefeuerte, äusserst engagiert aufspielende Orchester im Finalsatz mit fulminanten Fortissimos und donnernd heranrollenden Klangbrechern gewaltigen Ausmasses samt darin eingebetteter, alles überstrahlender hymnischer Bläsermelodie. Tosender Applaus.»
Weser-Kurier, Gerd Klingenberg

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